Aus den Überresten der VEB Geräte- und Reglerwerke (GRW) Teltow wurde die Idee eines Industriemuseums geboren. Die Erfindungen und Entwicklungen der industriellen Fertigung werden mit zahlreichen Ausstellungsstücken dokumentiert, die sich durch Spenden hier angesammelt haben. Die Initiative für ein Museum brachte Lothar Starke, der ehemalige Betriebsdirektor des GRW, ein. Aus dieser Idee, anlässlich des 100-jährigen Jubiläums des Teltowkanals eine Ausstellung abzubilden, entstand ab 2006 das Industriemuseum mitsamt dem Verein. Ursprünglich saß das Museum in Kleinmachnow und ist seit 2010 im Industriegebiet von Teltow zu finden. Neben der Geschichte hat sich das Museum der beruflichen Perspektivenbildung verpflichtet. So ist hier auch das IZB Informationszentrum für Berufsorientierung eingegliedert. Derart führt man auch Fortbildungen für Lehrkräfte durch. Das Motto lautet „Vergangenheit bewahren, Gegenwart erleben und Zukunft gestalten“. Neben den Ausstellungen und dem BIZ (mit Technikum) gibt es auch einen Eventbereich.
Die industrielle Entwicklung nahm in der Region, im Süden Berlins und rund um Teltow mit dem Bau des Teltowkanals richtig Fahrt auf. Aber schon davor wurden wesentliche Entwicklungen vorangebracht, sodass man bis ins Jahr 1871 zurückblickt. Die Ausstellungen sind in sechs Fachgebiete aufgeteilt, die mit etlichen Exponaten veranschaulicht werden.
Das Industriezeitalter beginnt mit der Dampfmaschine von James Watt im Jahr 1769, die bald viele Bereiche erfasst. Ab dem 19. Jahrhundert wird Strom genutzt und der Elektromotor entsteht. Dabei spielte Werner von Siemens eine wichtige Rolle. Dies betrifft auch die Kommunikationstechnologie, die Messtechnik, die chemische Fertigung und soziale Gesellschaftsgestaltung. 1871 werden die ersten Gewerkschaften gegründet und ein Jahr später führt Siemens den 9-Stunden-Tag ein. Allerdings arbeiten die meisten Arbeiter 13 Stunden am Tag und die Arbeitsbedingungen sind extrem übel. Die Zweite Industrielle Revolution beginnt 1904 mit der Elektronenröhre. Mit dem Haber-Bosch-Verfahren wird die Chemie ein wichtiger Industriezweig, gefolgt vom hydraulischen Stahlrohrregler für Regelung von Prozessen und die zentralen Leitstände – die Grundlage der Automatisierung. Schon davor entwickelte Siemens einen Dynamo. Es kam das Telefon, die Wärmekraftwerke und die Fließbandfertigung. Im Raum Teltow siedelt sich 1904 die erste Industrie an: die Porzellanfabrik Teltow. Schon drei Jahre zuvor entsteht in Teltow-Seehof ein Produktionswerk für Cellulose.
Von der dritten industriellen Revolution spricht man ab 1938 mit dem Zuse-Computer von Konrad Zuse. 1947 wird der erste Transistor entwickelt, 1952 werden in Teltow Halleiter-Elemente hergestellt und 1960 wird ein entsprechendes Institut (IHT) gegründet.
1971 nimmt die Industrie mit der Erfindung des Mikroprozessors in Texas neue Fahrt auf. Es ist der Anfang der Digitalisierung und ab 1990 entsteht das Internet. Ab 1991 gibt es das erste Mobilfunknetz in Deutschland und 2018 beginnt die Vierte Industrielle Revolution mit der Industrie 4.0.
Die Ausstellung des Industriemuseums ist in sechs ineinandergreifende Kategorien gegliedert:
Infrastruktur
Wie erwähnt, war der Bau des Teltowkanals ein wichtiger Baustein bei der Industrialisierung. Und die Schleuse in Kleinmachnow ist ein wichtiger Teil des Kanals. Das Museum verfügt über ein Modell der Schleuse. Die Verkehrswege sind nur ein Moment dabei, die Bereitstellung von Strom und die Wasserversorgung sind weitere Bausteine. Teltow wurde 1899 an das Wassernetz Charlottenburg angeschlossen und in Stahnsdorf gab es die erste Kläranlage. Modelle der Anlagen, der Wasserrohrentwicklungen, des Managements der Stromleitungen und Bereitstellung des Stroms finden sich auch in der Ausstellung wieeder. Außerdem verfügt die Ausstellung über Leitstände. Die Infrastruktur war für die Industrie von grundlegender Bedeutung. In diesem Zusammenhang informiert die Ausstellung auch über das Unternehmen Teltomat, das den Asphalt auf die Straße brachte. Selbstverständlich wird der Prozess der Asphaltgewinnung dargelegt.
Elektronik
1887 erfindet Karl Ferdinand Braun die Braun’sche Röhre und die erste Funkübertragung erfolgt in Potsdam. AEG und Telefunken wird wenige Jahr später gegründet und 1904 erfindet John Flaming die Elektronenröhre. Grundlagen für die Entwicklung des Fernsehens und des Zuse-Computers. Die Elektronenröhre dient der Manipulation des Stroms, deren Funktion selbstverständlich erklärt wird. Auch in Teltow wird ab 1934 daran geforscht und elektronische Bauelemente produziert. Der nächste Schritt war dann die Entwicklung von Halbleitern. Das Museum informiert über deren Bauelemente und stellt diese auch aus. Stahnsdorf und Teltow wurden zu einem wichtigen Hotspot für Halbleitertechnik in der DDR und hier entstand der Microcontroller „Arduino“. Die Chips nehmen überhaupt einen großen Raum ein, was ihre Funktion, ihre Nutzung und ihre geschichtliche Entwicklung betreffen.
In diesem Bereich finden sich auch weitere Geräte und Methoden, wie beispielsweise das Lichtbogenschweißen. Außerdem geht man der Frage von Gleich- und Wechselspannung nach. Ein großer Bereich der Ausstellung widmet sich der Elektrifizierung der Verkehrsmittel – von der Bahn bis zum Auto. Bei den Autos geht man genauer auf die Wechselrichter, die Gleichstromwandler und das Laden der Akkus ein. Ausgestellt wird auch ein Hybridmotor: Diesel-Elektro. Des Weiteren wird man über den Brennstoffzellenantrieb informiert.
Digitalisierung
Die Computerchips stellen die Grundlage für die Digitalisierung dar. Schon seit 2019 nimmt man sich dem Thema an, das auch unter den Punkten Industrie 4.0 oder Internet of Things (IoT) zu finden ist. Die bedeutendste Entwicklung hierbei ist das Internet. Ein besonderes Augenmerk fällt im Industriemuseum Teltow auf den 3D-Druck, weil man selbst über einen verfügt. Und für Schulklassen bietet man Crashkurse in Robotik, wobei man selbst Roboter programmieren kann. Mit Beispielen verdeutlicht das Museum den Übergang von analoger zu digitaler Technik wie bei der Kommunikation oder der Mess- und Automatisierungstechnik. Als Anschauungsobjekte dienen alte Computer der vergangenen Jahrzehnte, sowie der Commodore PET 2001 von 1977 mit 8 KB RAM, der seinerzeit fast 800 US-Dollar kostete. Aber auch ein Robotron EC 1834 von 1986 aus DDR-Produktion kann begutachtet werden. Die Software erhält ebenfalls ihren Platz, wie auch alte Computer-Chips. Und natürlich geht es um den großen Vorteil der Digitalisierung: Kopien und Transaktionen ohne Qualitätsverlust.
Kommunikationstechnik
Damit wären wir bei der Kommunikationstechnologie. Mit Tafeln und alten Geräten verdeutlicht man die Meilensteine der Kommunikation und damit einhergehend die Telematik. Das ist auch für das BIZ interessant. Seinen Anfang nahm die Kommunikationstechnologie ebenfalls im 19. Jahrhundert. Fernsprecherfinder Innocenzo Manzetti (1865), erster Telefonierer Graham Bell (1875) und Telefonerfinder Phillipp Reis (1861) oder auch der Postminister Heinrich von Stephan werden mit ihren Entwicklungen thematisiert. Den ersten Feldversuch gab es in Berlin 1881 und kurz darauf kam das Telefonbuch heraus. 1889 gab es bereits 10.000 Anschlüsse in Berlin. Auch die Einzelteile des Telefons sind Teil der Ausstellung: Mikrofon und Hörer sowie die Funktionsweise. Das Museum hält eine Reihe von alten Telefonapparaten bereit. Selbstverständlich geht man auch auf das Vorgängermodell, den Telegraphen ein. Wesentliche Schwerpunkte dieser Kategorie sind das Radio und das Fernsehen mit der Geschichte, alten Volksempfängern und mobile Geräten. Das Speichern der Signale gelang erst 1956 mit dem Magnetband. Aber mit dem Gleitflugkörper der Henschel Hs 293D gelang ein Stück Geschichte in Teltow. Es gab keinen militärischen Einsatz, das galt jedoch nicht für die Entwicklung des Radars, das ebenfalls thematisiert wird. Dessen Einsatz erfolgte auf dem Seeeberg Kleinmachnow während des Krieges, da hier die Reichspostforschungsanstalt war. Zur Ablenkung der Radarüberwachung brachte man Stanniolpapier im Düppel an. Auch die Raketenforschung war hier anfangs untergebracht.
Automatisierungstechnik
Die Automatisierung der Industrie ist ein anderes Feld des Industriemuseums. Es ist der Wandel der Rolle des Menschen in diesem Spannungsverhältnis. Es begann mit der Regelung von Hand und führte zu digitalen Prozessleitsystemen. Wo in den 50er Jahren noch analoge Automatisierung vorherrschte, ist es heute die Digitalisierung mit dem Effekt der höheren Effektivität. Teltow war mit Askania Teltow und dem Nachfolger VEB Geräte- und Regler-Werke Teltow ein internationaler Standort für die Automatisierung. Da das GRW hier ansässig war, ist ein relativ großer Teil der Ausstellung der Anlagentechnik mit seinen Reglern und Messtechniken gewidmet. Die Automatisierung war seit jeher ein Bestandteil der Industrialisierung. Wichtige Meilensteine auf dem Weg waren bereits gemacht worden. Das Ziel war ein stabiler und sicherer Betrieb, wofür man Regler und Messgeräte brauchte. Deren Geschichte u.a. mit der Untersuchung von James Clerk Maxwell startet. In Deutschland war es Adolf Hurwitz, der die Forschung voranbrachte. 1871 wurde die Firma Carl Bamberg gegründet und Guido Wünsch führt das weltweit erste regelungstechnische Gerätesystem in den Askania-Werken 1921 ein. Die Automatisierung wird mittels einer Pyramide erklärt, die Top-Down geplant und Buttom-up rückgemeldet wurde. Bis heute hat sich die Pyramide nicht nur verändert, sondern ist nun in Form einer Wolke abgebildet. Die IT ändert die komplexe Welt der Automatisierung, was auch am Beispiel GRW und seinen Sensoren verdeutlicht wird. Doch auch die Zeit davor wird anhand von Pneumatik und Maschinen erlebbar.
Polymerchemie
Last but not least steht Teltow auch für die Polymerchemie. Das Institut Teltow-Seehof der Vereinigten Glanzstoff Fabriken beginnt im Jahr 1897 mit einem Patent zur Kupferseidenherstellung. 1911 wird man zum führenden Unternehmen der Kunstseidenherstellung und war bis in die 1970er Jahre Weltmarktführer. 1921 wurde das Forschungszentrum in Teltow-Seehof gegründet und man forschte zur Zelluloseherstellung und chemischen Textilien. Deren Produkte fanden sich in der Bekleidung, den Fahrzeugen, aber auch beim Militär wieder. 1949 wurde das Institut für Fasterstoff-Forschung (IFF) gegründet und man entwickelte entsprechende Kunststoffe. Ab 1972 war es bis nach der Wende das Institut für Polymerenchemie. Eine Entwicklung war auch die Künstliche Niere, die aus Kunststoffmembranen besteht. Danach löste sich das Institut auf und die Forschung ging an große Forschungsgemeinschaften über. Es entstanden neue Forschungsinstitute in Teltow.
Das Museum ist Raum für Weiterbildung, für Berufsinformationen und ein super Anlaufpunkt für Industrie- und Technikinteressierte. Ob man wissen will, wie der Fernseher funktioniert oder das Telefon oder die Geschichte der Industrie in Teltow – das IMT ist ein Museum, das man besucht haben sollte. Es gibt auch Führungen, die etwa 1,5 Stunden dauern. Accessoires kann man im Museumsshop erwerben. Das Museum ist teilweise barrierefrei.
Der Eintritt kostet 4 Euro, ermäßigt 3 Euro und für zu Beschulende 1 Euro.
Geöffnet ist das Museum von Dienstag bis Samstag von 10 Uhr bis 16 Uhr.
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