Was sich heute als Sehenswürdigkeit mit dem Namen Grunewaldturm aus dem Grunewald erhebt, diente einst der Verklärung der Monarchie. Die übergroße Statue des damals bereits verstorbenen Herrschers, Wilhelm I, verdeutlicht dieses Ansinnen. Es ist die Geschichte des Backsteinbaus, der 36 Meter oberhalb des Karlsbergs eine hervorragende Aussicht über die Havel und den Grunewald bietet. Wenn man die 206 Stufen tatsächlich erklimmt. Das Wasser liegt auf der Spitze 86 Meter tief. Ein Besuch des Turms lässt sich wunderbar mit dem Selbstmörderfriedhof wenige Meter weiter oben im Grunewald verbinden.
Der Vater jenes Fürsten, dessen Sohn den Ersten Weltkrieg eskalieren wird, war Wilhelm I. Der Monarch Wilhelm I kam per Erbe an den preußischen Thron und dominierte als König von Preußen den Großteil des Deutschen Reichs, dessen erster Kaiser er werden würde. In seinen Jugendtagen wurden die Märzgefallenen beerdigt, wobei ihm die spätere Rache des Adels nicht blutrünstig genug war. Er berief sich auf die Blut-und-Erde Idee und setzte Bismarck als Kanzler ein, was zu einigen Kriegen führte. Im Auftakt gegen die Dänen und später gegen Frankreich. Damit gründete Bismarck unter Wilhelm I das Deutsche Kaiserreich und feuerte mit seinem Vorgehen die deutsch-französische Feindschaft an. Bismarck und sein Kaiser entledigte sich der österreichischen Konkurrenz mit der sogenannten „Kleindeutschen Lösung“. Dann schmierte Bismarck noch die Bayern und Willhelm wurde Kaiser Wilhelm I. Ehrlicherweise war ihm der Titel weniger wert, als man es annehmen sollte, denn er wollte vor allem seinen preußischen Titel wahren. Er bekam auch nicht seinen Wunschtitel Kaiser von Deutschland aber wurde zum Deutscher Kaiser, wie in ein Deutscher Kaiser. In seine Zeit fallen die Sozialistengesetze, schließlich hatte er für die Demokratie mehr Verachtung als Verständnis. Wieso aber fand er bei der Bevölkerung so guten Anklang?
Heute würde man es wohl Social Media nennen, damals waren Zeitungen mit Bildern neu und schwer in Mode. Die Karikatur trat ihren Siegeszug an. Auch vom Hofe wurde berichtet, denn der Kaiser erlaubte einen Blick hinter die höfischen Kulissen. Reine PR-Arbeit machte aus dem blutdürstigen Fürsten einen liebevollen Staatslenker, der die Einigung erreichte. Dank der Berichterstattung galt der Monarch als strebsam, als hart-arbeitend und war ein Vorbild der preußischen Tugenden. Und die Medien ließen keine Möglichkeit aus, dem Volk einen guten Herrscher zu präsentieren. Die Biografien über ihn nahmen das Konzept auf und trugen es auf die weite See der Verklärung hinaus. Wie man in Russland sieht, funktioniert diese Technik bis heute. Und dieser Glaube überlebte in der Nachwelt.
Diesem Kaiser wurden in ganz Deutschland Denkmäler errichtet. In entfernteren Gebieten eine Büste, in Goslar eine Reiterstatue vor der Kaiserpfalz und im Landkreis Teltow widmete dem Kaiser einen Gedenkturm. Er überdauert die Kriege, die Namen für das Gebäude wandelten sich jedoch.
Wir schreiben das Jahr 1897, der preußische König ist seit 1871 Deutscher Kaiser. Allerdings macht er sich aus diesem Titel nur wenig, ist aber stolzer Preuße. Sein Sitz ist in Berlin, das von Tiergarten bis Lichtenberg reichte. Dann pufferten Kreisfreie Gemeinden wie Wilmersdorf die Grenze zum Teltower Kreis ab. Dazu gehörte Steglitz–Zehlendorf wie die Teltower Heide alias Grunewald.
Zur Huldigung des 1888 verstorbenen Monarchen Wilhelm I beschloss man den Bau eines Gedenkturms. Gedenktürme werden während der Kaiserzeit in ganz Deutschland errichtet, darunter auch der Turm in Großbeeren.
Die Idee lieferte der Landrat des Kreises Teltow, Ernst von Stubenrauch. Auf seine Kappe geht auch der Bau des Teltowkanals, den er gegen erheblichen Widerstand durchsetzte. Einen guten Stand bei Hofe zu haben, ist da sicherlich von Vorteil gewesen.
Der Kreistag genehmigte den Bau. Mit der Umsetzung des Bauprojekts betraute man Franz Schwechten, der vom Kaiser Wilhelm II grünes Licht erhielt. Noch im Sommer wurde der Berg gerodet, sodass man im Herbst mit dem Bau begann. Am 9. Juni 1899 wurde der 55-Meter hohe Turm eröffnet. Zuletzt wurde das Bauwerk 2007 grundlegend über vier Jahre hinweg saniert.
Bei dem roten Backsteinbau handelt es sich um die sogenannte Backsteingotik märkischer Prägung. Es ist die Zeit des Nationalismus und die Goten galten als germanische Vorboten. Dieser Glaube erschuf eine Nostalgie in der Bauart, genannt Historismus. Man versucht im Stil des Mittelalters zu bauen und erforschte die Vergangenheit. So zogen Giebelchen, Spitzbogenfenster und Filialtürmchen ein, wie man sie in der sogenannten Gotik baute. Das Peinliche an dem Glauben an gotische Baumeister ist, dass die Gotik eine Beleidigung eines italienischen Baumeisters für diese Bauart sein sollte. In der Zeit der Gotik nannte man den Baustil „Französische Bauart“. Die Goten selbst haben damit gar nichts zu tun.
Schwechten war ein Verfechter der Neogotik und glänzte vor allem mit Backsteingotik. Er erbaute beispielsweise auch die heutige Kulturbrauerei oder die frühere Philharmonie. Er war ein fleißiger Baumeister und schuf viele Gebäude, vor allem in Preußen.
Inschriften auf dem Turm zeugen von der Widmung, die überlebensgroße Marmorstatue hingegen wurde erst 1902 in die Gedenkhalle im Erdgeschoss gestellt. Die Decke zeigt ein Mosaik, das den Glanz Byzanz einholen sollte. Hier war August Oetken am Werke. Die Statue des Kaisers wie die Reliefeisen sind von Ludwig Manzel. Auch die Eisentafeln fanden erst 1908 den Weg in die Halle und zeigen Kriegshelfer aus Politik, Adel und Militär: Roon, Moltke, Bismarck und Prinz Friedrich Karl. Der Turm verbindet auf der Ostseite das Wappen Brandenburgs mit dem preußischen Adler auf der gegenüberliegenden Seite.
Auch wenn die Berliner bekannt dafür sind, dass sie ein Faible für Benennungen haben, wurde der Turm-Name durch die offizielle Nutzung eingeführt. Es war zu Beginn der König (von Preußen) Wilhelm Turm, aber die Glückwünsche richteten sich an Kaiser-Wilhelm-Gedächtnisturm. Nach dem Krieg im Jahr 1948, die Hohenzollern kollaborierten schließlich mit den Nazis, erfolgte die Umbenennung in Gruenwaldturm.
Bilder hauptsächlich von J. U. Schulze Buschoff. Publikation mit freundlicher Genehmigung.
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