Die Geschichte des ehemaligen Guts Osdorf an der Grenze zu Lichterfelde, wovon nur noch die Ruinen im Wald zu sehen sind.

Die steinernen Überbleibsel des alten Guts Osdorf sind im Boden in der Nähe des heutigen Guts Osdorf erhalten geblieben. Den unerschrockenen Wandersleut bietet sich dort eine Ruine mit mehreren Steinresten an. Zum Teil kann man die ursprünglichen Räumlichkeiten noch ausmachen, aber auf jeden Fall kann man einiges entdecken.

Der Beginn des Guts Osdorf

Der Name des Guts in der Nähe der Ländergrenze zwischen Berlin und Brandenburg ist schnell erklärt: Das Dorf im Osten, Ostdorp, Osdorf. Die Frage ist dann natürlich: östlich von was? Damit dürfte wohl Teltow gemeint sein. Das Gehöft Osdorf entstand im Zuge der Kolonialisierung der vormals slawischen Gebiete zwischen 1200 und 1250. Die erste Erwähnung Ostdorps findet sich im Jahr 1369. Schon sechs Jahre später wurde es im Landbuch Karls IV. als Ostorpp oder Ostorff vermerkt. Das Gut wurde vom Markgrafen als Lehen vergeben. In diesem Landbuch von 1375 wird es mit 32 Hufen Land beschrieben, zwei für den Pfarrer und eine für die Kirche. Heute ist von dieser Kirche allerdings keine Spur mehr auszumachen.

Es gab eine Kirche, das Land wurde bearbeitet. So begann Osdorf eine ähnliche Karriere wie Ruhlsdorf oder andere Dörfer in der Gegend. Doch für den Flecken in der Mark war eine andere Zukunft bestellt. Das Gut Osdorf war mit dem Fluch belegt; drei Mal unterzugehen.

Zur Zeit der ersten Erwähnung hatte die Familie von Prützke das Lehen zur Hälfte inne. Sie verfügten auch über die halbe Gerichtsbarkeit und sie mussten auch beispielsweise Wagendienste und Abgaben mit denen von Britzke teilen. Das Lehen vergab ihnen Markgraf Otto V. Die Gebrüder von Prützke: Albrechtin, Borsen, Brandin, Clauzen und Fritzhen, die Söhne des Clauws von Pruzzek, erhielten es zusammen mit dem Ort Prützke und unter anderem mit Zahlungen anderer Dörfer. Womöglich hatte der Vater, Clauws von Pruzzek, das halbe Osdorf bereits besessen.

Durch viele Hände gegangen und immer wieder verlassen: Osdorf

Im Jahr 1416 war der Ort bereits verlassen. Die nächste Erwähnung findet sich aus dem Jahr 1473, wobei der Ort weiterhin als verlassen beschrieben wurde. Diese Linie des Adels von Prützke wurde 1491 von denen von Bardeleben zu Satzkorn beerbt. Doch auch sie hatten anfangs recht wenig Interesse an dem wüstgefallenen Ort, über den sie die Gerichtsbarkeit und auch das Kirchenpatronat hatten. Noch 1513 wird Osdorf als verlassen gemeldet und auch 1541 erbrachte der Britzer Pfarrer den Dreißigsten (Abgabe an die Erben für die ersten 30 Tage nach dem Todesfall) mit der wüsten Mark Osdorf.

Dann kam allmählich das Leben nach Osdorf zurück. Im Jahr 1544 übernahm die Vorgängerstadt Berlins, Cölln, das Lehen, zu dem auch Lichterfelde gehörte. Zwei Bauern aus Marienfelde bewirtschafteten das Gut wieder. Ab 1605 nahmen die Bardeleben Osdorf in Teilen wieder in Besitz. Ab 1643 fiel der Besitz an die von Kahlenberg, die auch einen Teil von Lichterfelde erhielten. Im Jahr 1662 kaufte sich Familie Müller ein, die aber nur zwei Jahre durchhalten, bis Osdorf wieder verlassen wurde – zum nunmehr zweiten Mal! 1665 war es ein Pfand geworden und Fichtenbäume nahmen das Land in Besitz. Schließlich hatte der Dreißigjährige Krieg die Bevölkerung stark reduziert.

Im Jahr 1692 gelangte die Familie von Danckelmann an das Gut Osdorf. Die in Lichterfelde beheimatete Familie zählte die Gebrüder Sylvester Jakob und Daniel Ludolf als Söhne. Sie bauten das Gut Osdorf zu einem Rittergut um. Die Kirche gab es 1696 noch und das Patronat hatten die Danckelmanns. In diesem Jahr wurde Osdorf zu einem Familienfideikommiss, was bedeutet, dass es unteilbar einer Familie gehörte und nur Erlöse abgezogen werden durften. Aber schon 1709 wollte man das Gut verkaufen und stellte das Unteilbarkeitskonzept zurück.

Das hatte Erfolg, denn von 1709 bis 1733 unterstand Osdorf dem Commissisarius Kunow aus dem heute nicht mehr existierenden Gießendorf. Daran schloss sich der Hofrath Brandhorst an, der es fünf Jahre später an den geadelten Leutnant Karl von Kraut weitergab. Es folgten die Familie Buder und Familie Lüdersdorf. 1787 übernahm der Adel von Hake das Gut, in welches sie investierten. Allerdings gab es zu der Zeit schon keine Kirche mehr. 1801 war Osdorf mit 42 Hufen und 28 Einwohnenden relativ klein und die Pfarrkirche war in Marienfelde. Später wurde die Seelsorge aus Britz betrieben.

Das Grab des Gutsherrn von Witten

Im Jahr 1802 bezog die Familie von Witten das Gut Osdorf – als eine Filiale im Geflecht der zahlreichen Gutshöfe derer von Hakes in der Umgebung. Sie bewirtschafteten auch das Gut Kleinmachnow oder das Gut Genshagen. Ab 1831 war der einflussreiche Johanniterritter Baron Leopold von Witten der Gutsherr, dessen Tochter bei den Buddenbrocks einheiratete.

Leopold von Witten war der einzige Gutsherr, der sich in Osdorf beerdigen ließ. Er lebte von 1781 bis 1831. In der Nähe der Trümmer des alten Guts liegt sein Grab. Einst mit einer massiven Metallplatte von zwei Quadratmetern bedeckt, sind nur noch die bewachsenen Steine zu sehen. Das Schicksal der Metallplatte ist unbekannt. Sie verschwand kurz nach dem Krieg.

Von Witten erwarb zudem 14 Hufen Land in Marienfelde und Osdorf. Letzteres von Elisabeth von der Gröben. Außerdem legte er sich den Titel Ritterschaftsrat der Mittelmark zu. Später veräußerte er seinen Teil von Marienfelde wieder. Doch Osdorf behielt er.

Als 1813 die Kämpfe zwischen der Grande Armee unter Napoleons Führung und den preußischen Alliierten um Großbeeren tobten, wurde auch Osdorf in Mitleidenschaft gezogen. In den nachfolgenden Monaten war Osdorf das Zentrum des Lagers der Soldaten aus dem mit Preußen alliierten Russland. Die schiere Anzahl von 6.000 Mann verursachte einen hohen Schaden.

Von Witten war zwar schon ab 1817 in der Politik und sollte den Sitz eines verstorbenen Landrats erhalten. Doch den Posten im Kreistag von Teltow lehnte er ab. Er soll die Höhe der Vergütung als Grund genannt haben. Leopold von Witten starb 1831 an Typhus. Seine Tochter verwaltete das Gut noch eine Weile.

Nach den Witten übernahmen zur Mitte des 19. Jahrhunderts die von Winning, es folgten die von Beer, die qua Heirat an das Gut kamen. Zwischen 1844 bis 1864 übernahm die Familie Kiepert aus Marienfelde einen Teil. Die Anzahl der Knechte und der Tagelöhner stieg, und es gab eine Brennerei. Ab 1875 wurden die Flächen von Osdorf von Berlin als Rieselfelder genutzt, wobei nur die Hälfte nicht bewaldet war.

Osdorf: Moderne, DDR und Abriss

Osdorf wurde 1928 vom Rittergut zur Gemeinde. Zwar verlor man eine Exklave von zehn Hektar Fläche bei Kleinmachnow, dafür bekam man weitere Gebiete hinzu. Noch zu Kriegsbeginn 1939 war Osdorf ein Bauernhof. Nach dem Krieg wurden die Güter enteignet.

Osdorf lag angesichts der Nachkriegsverhältnisse etwas zu dicht an der Grenze. So zog es durch die Verwaltungsbezirke Birkenhain, Zossen und Kreis Teltow-Fläming bis zu Heinersdorf. Der Bauernhof wurde Teil einer LPG, doch nur für wenige Jahre sollte das Gut Osdorf bebaut bleiben.

Im Jahr 1968 stand die ‚Mauer‘ bereits sieben lange Jahre. Doch die tödliche Grenzabsicherung nahm immer größere Ausmaße an. Das Gut Osdorf war damals noch bewohnt. Rund 150 Menschen nannten den Ort ihre Heimat und wurden dann umgesiedelt. Von dem alten Gutshof stand nur noch eine Scheune, so wird es berichtet, die etwaigen „Republikflüchtlingen“ noch eine Versteckmöglichkeit bot und deshalb weichen musste.

Pfad bei den Ruinen Gut Osdorf
Pfad bei den Ruinen Gut Osdorf

Zauberhafter Weg und die Ruinen des alten Gutshofs

Der alte Gutshof ist nur noch in Form von verteilten Steinhaufen und einigen Mauerstücken vorhanden. Es ist eine richtige Ruine mit Backsteinfundamenten, die sich über vielleicht zwei Hundert Quadratmetern erstreckt. Der Wald hat diesen Ort längst wieder in Besitz genommen, was ihm einen geheimnisvollen Charakter verleiht.

Das Areal ist von dem Weg, der vom Wald bekleidet ist, zugänglich. Nach wenigen Metern, nachdem der Wald sich erhebt, geht es rechts ab. Dem Weg zu folgen deucht übrigens nicht nur lohnenswert, es ist es auch. Der Weg, fast vollends eingerahmt von Büschen und Bäumen, erweckt das Gefühl eines Zauberpfads, der im Übrigen für Radfahrende nur bedingt zu empfehlen ist.

Folgt man aber dem Weg zur Ruine, kann man viele steinerne Überreste des Guts entdecken. Nach wenigen Metern steht man in einem vermutlich ehemaligen Kellergeschoss. Und wie der erste Blick verrät, erstrecken sich hinter dem Gestrüpp weitere Steinhaufen. So manches bereits unter einem grünen Dickicht begraben und durch unwegsames Gelände für alte Knie nur schwer zu erkunden. Selbstverständlich muss man im Sommer mit Brennnesseln rechnen. Aber man kann sogar einen alten Kellereingang entdecken, wenn man etwas sucht.

Wo das Grab des früheren Gutsherrn von Witten liegt, konnte ich nicht ausmachen.

Wo befinden sich die Ruinen des ehemaligen Gutshof Osdorf?

  • Osdorfer Str. 1
  • 14979 Großbeeren
  • GPS: 52.402177293528865, 13.334210096275513

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